Verwendung von Dashcam-Aufnahmen zu Beweiszwecken trotz Datenschutzverstoß

Vor dem LAG Düsseldorf wurde am 19.1.2023 ein Schadensersatz-Prozess durch Vergleich beendet, in dem die Verwendung von Aufnahmen einer Dashcam zu Beweiszwecken streitig war. Das LAG hielt die Aufnahmen für verwertbar, obwohl ein Datenschutzverstoß vorlag.

Bei den Parteien des Streits handelt es sich um zwei städtische Mitarbeiter. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, er habe sein Auto, einen VW Transporter, zerkratzt. Er verlangt hierfür Schadensersatz iHv ca. 1.700 €. In dem VW Transporter hatte der Kläger eine Dashcam angebracht. Am Morgen des 16.2.2021 parkte der Kläger vor Arbeitsbeginn gegen 7.00 Uhr sein Fahrzeug auf dem städtischen Parkplatz. Kurze Zeit später stellte der Beklagten seinen Wagen daneben ab. Als der Kläger gegen 9.00 Uhr zum Wagen zurückkehrte, war dieser an der rechten Seite an Beifahrer- und Schiebetür zerkratzt. Wer dafür verantwortlich ist, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe seinen Wagen mit dessen Schlüssel zerkratzt. Dies ergebe sich aus den Aufnahmen seiner Dashcam. Diese zeigten zwar nicht die Sachbeschädigung. Sie zeigten aber im Bild, wie der Beklagte aus dessen geparktem Auto ausgestiegen sei, und zwar an der rechten Seite des VW Transporters. Unmittelbar danach habe die Dashcam ein Kratzgeräusch aufgenommen, das nach der Intensität und des Geräuschmusters nur von einem mutwilligen und vorsätzlichen Zerkratzen seines Wagens durch den Beklagten stammen könne.

Die Verwertung der Aufnahmen auf der Dashcam sei datenschutzrechtlich zulässig. Der Beklagte widerspricht der Verwertung der Aufnahmen der Dashcam. Diese habe in datenschutzrechtlich unzulässiger Weise anlasslos Bild- und Tonaufnahmen gemacht, sobald im Umfeld des VW Transporters eine Bewegung auftrete. Unabhängig davon bestreitet er die angebliche Sachbeschädigung. Die etwaig aufgenommene Tonspur könne auch seine Schritte über den vereisten Parkplatz oder das Geräusch des Einklappens seines Seitenspiegels aufgezeichnet haben. Schließlich bestreitet er, dass die Tonspur zeitgleich mit den Bildaufnahmen erfolgte. Sie könne auch nachträglich hinzugefügt worden sein.

Das ArbG wies die Klage ab, weil es auch bei Verwertung der Aufnahmen der Dashcam keine genügenden Anhaltspunkte für die Verurteilung des Beklagten gegeben sah.

Die 13. Kammer des LAG Düsseldorf (13 Sa 624/22) teilte in der mündlichen Verhandlung mit, dass eine Entscheidung auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage nicht in Betracht komme. Zwar liege in einer anlasslosen Aufzeichnung durch eine Dashcam ein Datenschutzverstoß. Dies führe bei der gebotenen Interessenabwägung im Hinblick auf die hier in Rede stehende vorsätzliche Sachbeschädigung aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Das Gericht kündigte an, das Video der Dashcam im Termin ebenso in Augenschein zu nehmen wie die beiden Fahrzeuge der Parteien. Ggfs. käme anschließend ein Sachverständigengutachten zur Frage der nachträglichen Hinzufügung der Tonspur in Betracht.

Auf Vorschlag des Gerichts haben die Parteien sich vor einer Beweisaufnahme verständigt. Dies erfolgte unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte sowie insbesondere im Hinblick darauf, dass beide auch weiterhin zusammenarbeiten. Ausweislich des Vergleichs zahlt der Beklagte die Hälfte der Klageforderung, d.h. ca. 860 €, an den Kläger. Weitere 860 € zahlt der Beklagte an eine gemeinnützige Organisation. Es besteht weiter Einigkeit, dass dem Beklagten gegen den Kläger keine Schadensersatzansprüche aufgrund etwaiger Datenschutzverstöße zustehen.  

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
BGH: Zulässige Verwertung von Dashcam-Aufnahmen im Zivilprozess als Beweismittel
Marvin Jäschke, CR 2018, R68

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.01.2023 10:53
Quelle: LAG Düsseldorf PM Nr. 4 vom 19.1.2023

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