Aktuell in der MDR

Die Rechtsprechung zum Erbrecht (Große-Wilde, MDR 2022, 735)

Der Bericht schließt an den Bericht über die 2. Hälfte des Jahres 2020 (Große-Wilde, MDR 2021, 1312) an. Er umfasst die wichtigsten Entscheidungen vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2021. Maßgeblich ist jeweils das Datum der Entscheidung. Die Entwicklung wird im Wesentlichen geprägt durch die Fortentwicklung auf bestehender rechtlicher Grundlage. Gesetzliche Neuregelungen im Bereich des Erbrechts sind im Berichtszeitraum nicht erfolgt.


I. Vererblichkeit/Gesetzliche Erbfolge

II. Testament und Erbvertrag

1. Testamentserrichtung

2. Testamentsauslegung

3. Ersatz-, Vor-, Nacherbe, Vermächtnis

4. Gemeinsames Testament und Erbvertrag

5. Testamentsvollstreckung

III. Ausschlagung, Erbenhaftung

1. Ausschlagung

2. Nachlasspflegschaft/Nachlassverwaltung

3. Nachlasshaftung

IV. Erbengemeinschaft

V. Pflichtteil

1. Allgemeines

2. Wertermittlung

3. Auskunft

4. Verjährung/Pflichtteilsentziehung

VI. Randgebiete

1. Verfahrensfragen

2. Kosten

3. Internationales Recht

4. Steuerfragen

5. Sonstiges


I. Vererblichkeit/Gesetzliche Erbfolge

Die Erben der Erben des Verursachers sind nicht als Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG als Handlungsverantwortliche zur Beseitigung einer schädlichen Bodenverunreinigung verantwortlich. In derartigen Fällen endet die Verantwortlichkeit mit dem 2. Erbfall.

Ein von seiner Tante adoptiertes Kind kann bei gesetzlicher Erbfolge nach einer weiteren Schwester seiner Mutter sowohl den Erbteil seiner leiblichen Mutter als auch den Erbteil seiner Adoptivmutter erben. Nach § 1756 BGB erlöschen die Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten nicht, wenn die Annehmenden im 2. oder 3. Grad miteinander verwandt sind. Die Entscheidung wird zu Recht kritisiert. Das OLG hat den Wortlaut des § 1924 Abs. 3 BGB nicht berücksichtigt, nach dem das Eintrittsrecht nur denjenigen Personen zusteht, die durch den vorverstorbenen Abkömmling mit dem Erblasser verwandt sind. Dieses Erfordernis wird durch § 1756 BGB nicht ersetzt.

Das Nichtbetreiben eines anhängigen Scheidungsverfahrens über einen längeren Zeitraum (hier: 10 Jahre) ist als Rücknahme des Scheidungsantrags zu behandeln, so dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht mehr vorliegen.

Das OLG Celle hat in einer grundlegenden Entscheidung das zuständige AG zur Ordnung gerufen. Danach ist das AG verpflichtet, vor der Feststellung des Fiskuserbrechts die nach Lage des Falles notwendigen Ermittlungen anzustellen. Aus einer verwahrlosten Wohnung des Erblassers kann allein nicht abgeleitet werden, dass der Nachlass überschuldet ist. Soweit Verwandte bekannt sind, sind diese auch einzubeziehen.

II. Testament und Erbvertrag

1. Testamentserrichtung


Für ein wirksames Testament ist grundsätzlich ein Testierwille erforderlich. Zweifel daran können sich aus ungewöhnlichen Schreibmaterialien (hier: Bleistift, Rückseite Werbezettel), Errichtungsformen, Aufbewahrungsort oder inhaltlicher Gestaltung ergeben.

Ergänzt die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem Testamentsvollstreckung angeordnet ist, später auf der Rückseite eines Blattes des Ursprungstextes durch ein Erweiterung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers ohne gesonderte Unterschrift, kommt es für die Wirksamkeit dieser Verfügung darauf an, ob (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.06.2022 16:23
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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