Aktuell in der MDR

Zeitlich befristete Mietverträge (Klose, MDR 2021, 1372)

Seit der Mietrechtsreform im Jahre 2001 erfordert der befristete Mietvertrag eine schriftliche Vereinbarung; anderenfalls geht der Vertrag gem. § 550 BGB in ein unbefristetes Mietverhältnis über. In der Praxis führt diese Regelung zu einer Vielzahl von Problemen, v.a. wenn in einem ehemals der Schriftform genügenden Form unterliegenden Mietvertrag nachträgliche Änderungen vorgenommen werden, ohne die aus dem Schriftformerfordernis hervorgehenden Anforderungen zu beachten. Bernhard Klose erläutert die Hintergründe und zeigt die Konsequenzen für die Praxis auf.


I. Einleitung

II. Aktuelle Entscheidungen

1. OLG Hamburg: Kein Schriftformerfordernis für Anpassungen

2. OLG Brandenburg: Schriftformerfordernis für Anpassungen

III. Schriftform im gewerblichen Mietvertrag

IV. Schriftform bei Vertragsänderungen

1. Sinn/Zweck der Schriftform

2. Schriftformerfordernis bei Vertragsänderungen

a) Generelle Grundsätze

b) Betriebskosten

V. Heilung von Schriftformverstößen

1. Formgültige Neubeurkundung

2. Schriftformheilungsklauseln

VI. Treuwidriges Berufen auf den Schriftformverstoß

VII. Ergebnis und Konsequenzen für die Praxis


I. Einleitung

Langfristige Verträge verschaffen den Parteien des (gewerblichen) Mietvertrages Planungssicherheit. Die gesicherte Laufzeit des Mietvertrages hat einen unmittelbaren Einfluss auf den Wert des Mietobjektes. Diese kann sich nur dann verwirklichen, wenn Sicherheit darüber besteht, wann der Mietvertrag frühestens beendet werden kann. Das setzt das rechtsverbindliche Fortbestehen der Befristung voraus. Hier bietet der das wesentlich bestimmende § 550 BGB – jedenfalls nach derzeitigem Recht – eine Vielzahl von Problemen, die letztlich gerade bei Vertragsänderungen zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen können. Ob der dieses Problem einschränkende am 12.2.2020 über den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf des Landes NRW v. 27.9.2019, der in der 19. Legislaturperiode das Gesetzgebungsverfahren nicht erfolgreich durchlaufen hat, in seinem Ansatz jedoch angesichts des wesentlichen Zwecks der Schriftform, den Erwerber zu schützen, durchaus zielführend ist, noch so oder in ähnlicher Form umgesetzt werden wird, ist offen. Danach sollte nämlich nur noch der Erwerber des Grundstücks dazu berechtigt sein, sich auf die fehlende Schriftform zu berufen. Eine derartige Regelung wäre de lege ferenda angesichts der wechselseitigen Interessen der Vertragspartner und des Schutzzweckes der Schriftform zu begrüßen.

Nach dem geltenden Recht bleibt das Schriftformerfordernis jedenfalls ein Risiko für den Bestand langfristiger Mietverträge. Das gilt insbesondere deshalb, weil auch bei Änderungsvereinbarungen die Schriftform gewahrt werden muss.

II. Aktuelle Entscheidungen

In zwei obergerichtlichen Entscheidungen zeigt sich das Dilemma, aber auch das Spektrum der Entscheidungsvarianten deutlich auf, vor dem die Mietvertragsparteien schon deshalb stehen können, weil in einem ehemals der Schriftform genügenden Mietvertrag geringfüge Korrekturen bei der Vereinbarung über die Betriebskosten vorgenommen wurden, ohne hierbei jedoch die aus dem Schriftformerfordernis hervorgehenden Anforderungen zu beachten.

1. OLG Hamburg: Kein Schriftformerfordernis für Anpassungen

Das OLG Hamburg hatte in einem Fall eines langjährigen Mietverhältnis entschieden, dass eine für den Vermieter vorteilhafte, den Anforderungen der Schriftform nicht entsprechende, Erhöhung der Mietkosten grundsätzlich zum Wegfall der Schriftform und damit zur Begründung eines unbefristeten Mietvertrages führen kann. Soweit sie aus einer Vereinbarung über eine Mieterhöhung, die über das vertraglich vereinbarte Anpassungsrecht hinausgehe, das Entfallen der Schriftform ableite, handele die Vermieterin treuwidrig, weil dies allein für sie günstig sei.

Auch die Abänderung der Abrechnungsweise der Kosten für den Wasserverbrauch wurde nicht als die Schriftform vernichtend angesehen. Auch diese Vorgehensweise sah der 4. Zivilsenat des Hanseatischen OLG im Ergebnis nicht als ausreichend an, um die ehemals bestehende Schriftform zu zerstören. Die Vereinbarung sei von nur nebensächlicher Bedeutung gewesen. Zudem unterliege sie als einseitiges Anpassungsrecht des Vermieters nicht der Schriftform.

2. OLG Brandenburg: Schriftformerfordernis für Anpassungen

Das OLG Brandenburg sah dagegen, als das andere Extrem (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.11.2021 11:35
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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