Nachrichten
OLG Frankfurt a.M. v. 8.5.2023 - 1 Ss 276/22
Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter begründet die Regelvermutung, ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu sein. Von der Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch hier nur in Ausnahmefällen abgesehen werden.
LG Bamberg v. 31.3.2023 - 44 O 145/21
Das LG Bamberg hat Fitnessstudiomitgliedern Ansprüche auf Beitragsrückerstattung für die Phasen der Schließung der Fitnessstudios im pandemiebedingten Lockdown zugesprochen. Es sah keinen Fall einer nur vorübergehenden Unmöglichkeit oder der Störung der Geschäftsgrundlage.
LG Erfurt v. 15.5.2023 - 9 O 101/23
Ein Darlehensvertrag ist als wucherähnliches Geschäft nichtig, wenn u.a. zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Missverhältnis besteht. Die §§ 505a ff. BGB gehen von einem gewandelten Verständnis der Kreditwürdigkeitsprüfung aus. Sie wird nicht mehr nur als eine dem Selbstschutz des Darlehensgebers bzw. dem öffentlichen (Solvabilitäts-)Interesse dienende, sondern auch als eine individualschützende zugunsten des Verbrauchers wirkende Pflicht, angesehen.
OLG Koblenz v. 17.5.2023 - 15 U 1098/22
Vereinbaren die Parteien eines notariellen Wohnungskaufvertrages, der Anteil an der „nach Angaben“ in näher genannter Höhe bestehenden Instandhaltungsrücklage sei „im Kaufpreis enthalten“, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Umstand, dass die Instandhaltungsrücklage Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, spricht gegen die Annahme, der Verkäufer einer Eigentumswohnung wolle mit der Angabe einer bestimmten Höhe seines Anteils an der Rücklage zu einem vor dem Beurkundungszeitpunkt liegenden Stichtag die Gewährleistung für das Vorhandensein der Rücklage bei Gefahrübergang übernehmen.
OLG Koblenz v. 8.5.2023 - 15 U 1954/22
Wer als Mieter gem. § 313 Abs. 1 BGB die Anpassung des in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Mietzinses infolge staatlicher Corona-Maßnahmen begehrt, muss die durch die Maßnahmen bedingte fehlende oder stark eingeschränkte Verwendbarkeit der Mietsache, einschließlich maßnahmebedingter Umsatzausfälle, darlegen und beweisen. Die Vermutung einer Änderung der Geschäftsgrundlage gem. Art. 240 § 7 EGBGB ist gem. § 292 Satz 1 ZPO widerlegt, wenn der Gewerberaummietvertrag nach Beginn der COVID19-Pandemie und ersten staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen mit Wirkung für Gewerbebetriebe abgeschlossen wurde.
OLG Frankfurt a.M. v. 26.5.2023 - 2 U 165/21
Gerät der Mieter eines Fahrzeugs in Zahlungsrückstand, stellt die Selbstabholung des Fahrzeugs durch den Vermieter verbotene Eigenmacht dar. Veräußert der Vermieter das Fahrzeug anschließend, ist er zum Wertersatz verpflichtet. Er schuldet darüber hinaus Nutzungsentschädigung für einen angemessenen Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung.
AG Hanau v. 5.5.2023 - 32 C 172/22 (12)
Der Vermieter einer Wohnung, der mit dem Mieter zugleich einen separaten Vertrag über die Anmietung einer Garage abschließt, kann den Garagenmietvertrag nicht alleine kündigen, weil dieser mit dem Mietvertrag über die Wohnung eine Einheit bildet. Eine untrennbare Verbindung der Mietverträge besteht jedenfalls dann, wenn sich Wohnung und Garage auf demselben Grundstück befinden.
AG Hanau v. 22.5.2023 - 34 C 80/22 (14)
Bedroht im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Mietparteien der Mieter den Vermieter mit dem Tode und fordert zugleich Dritte auf, ihm ein Messer zu bringen, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Ob und in welchem Umfang es im Nachfolgenden zu Tätlichkeiten kommt, ist ohne Relevanz.
BAG v. 31.5.2023 - 5 AZR 273/22
Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf der Wert des Sachbezugs für die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung nicht die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigen. Der unpfändbare Betrag des Entgelts muss dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt werden. Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Einkommens sind Geld- und Sachleistungen nach den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften zusammenzurechnen. Nicht einbezogen wird dabei der steuerlich zu berücksichtigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Pkw auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb i.H.v. mtl. 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (sog. 0,03 %-Regelung).
Aktuell in der MDR
Der Beitrag gibt einen aktuellen Überblick zur Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im zivilprozessualen Berufungsrecht (§§ 51 ff. ZPO). Der Berichtszeitraum umfasst die Jahre 2019 und 2020; er schließt damit an die bereits erschienene Rechtsprechungsübersicht für die Jahre 2021/2022 (Vossler, MDR 2021, 342) an.
LG München II v. 26.5.2023 - 2 O 5124/19
Das LG München II hatte über etwaige Schadensersatzansprüche nach einem Badeunfall zu entscheiden. Behauptet wurden die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und Organisationsverschulden.
LG München II v. 24.5.2023 - 11 O 1858/21 Ent
Das LG München II hat die Klage eines Kindes auf Schmerzensgeld abgewiesen, das sich wegen einer Anordnung des Gesundheitsamtes für die Dauer von 14 Tagen in häusliche Quarantäne begeben musste.
LG Berlin v. 23.5.2023 - 67 S 87/23
Beruft sich der Mieter auf einen Verstoß des Vermieters gegen § 556d BGB, trägt er im Fall des Bestreitens die Beweislast für die von ihm behauptete Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sowie der preisrechtlich zulässigen Miete. Die AG sind als Tatsachengerichte zudem befugt, die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete nicht durch die bloße Heranziehung eines Mietspiegels im Wege einer richterlichen Schätzung vorzunehmen, sondern die Bildung einer für sie hinreichenden richterlichen Überzeugung von der ausschließlichen oder zusätzlichen Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens abhängig zu machen.
LG Koblenz v. 24.4.2023 - 4 O 98/21
Muss ein Mieter, der beim Umzug zwei Kratzer in einem Aufzug verursacht, den kompletten Austausch der Edelstahlverkleidung bezahlen? Diese Frage hatte das LG Koblenz zu entscheiden.
BGH v. 26.1.2023 - I ZB 42/22
Hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift seinem angestellten Büropersonal übertragen, ist er verpflichtet, das Arbeitsergebnis vor Absendung über das beA sorgfältig auf Vollständigkeit zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob das Rechtsmittelgericht richtig bezeichnet ist. Geht ein fristwahrender Schriftsatz über das beA erst einen Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht ein, ist es den Gerichten regelmäßig nicht anzulasten, dass die Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang nicht zum rechtzeitigen Eingang beim Rechtsmittelgericht geführt hat.
BGH v. 18.4.2023 - VI ZB 36/22
Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Der Rechtsanwalt darf jedoch nicht von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes per beA an das Gericht ausgehen, wenn in der Eingangsbestätigung im Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" nicht als Meldetext "request executed" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" nicht die Meldung "erfolgreich" anzeigt wird.
LG Frankenthal v. 12.5.2023 - 2 S 149/22
Haben die Partner einer Lebensgemeinschaft zusammen einen Hund gehalten, so können sie nach einer Trennung verlangen, dass jedem der Ex-Partner eine Art „Umgangsrecht“ mit dem Tier eingeräumt wird. Das hat das LG Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Die Richter haben einen Mann nach Trennung von seinem Partner dazu verurteilt, in eine „Verwaltungs- und Benutzungsregelung“ für den gemeinsam erworbenen Hund einzuwilligen.
AG Charlottenburg v. 12.5.2023 - 73 C 62/22
Ein Beschluss, der den Verwalter zum Herrn der Gemeinschaft macht und die Eigentümer zu Knechten, die seinen Willen auszuführen haben, ist jedenfalls rechtswidrig und auf rechtzeitige Anfechtung hin für ungültig zu erklären. Wird ein Verwaltungsbeirat grundsätzlich unentgeltlich tätig, so kann er gem. § 670 BGB nur Ersatz ihm tatsächlich entstandener Aufwendungen verlangen, die in angemessener Höhe pauschaliert werden dürfen, nicht jedoch darf ihm ein nicht zweckgebundener freier Betrag zugewandt werden.
BGH v. 24.4.2023 - VIa ZR 1072/22
Die Anforderungen an die Angabe von Gegenstand und Grund des Anspruchs nach § 608 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO entsprechen denjenigen an die bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund eines in einer Klageschrift erhobenen Anspruchs nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger muss seinen Tatsachenvortrag nach Beteiligten, Ort und Zeit so weit konkretisieren, dass die Identität des Lebenssachverhalts, den er zum Streitgegenstand machen will, unverwechselbar feststeht. Entsprechende Anforderungen gelten für die verjährungshemmende Angabe von Gegenstand und Grund des Anspruchs in der Anmeldung zum Klageregister (§ 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB, § 608 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).
BGH v. 19.4.2023 - XII ZR 24/22
Die außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags durch den Kunden mit der Begründung, er könne wegen pandemiebedingten Betriebsschließungen und -beschränkungen das Fitnessstudio nicht im vertraglich vereinbarten Umfang nutzen, kommt nur im Ausnahmefall in Betracht. Zum Zeitpunkt des zweiten Lockdowns wurde in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung verbreitet die Auffassung vertreten, ein Fitnessstudiovertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert.
Niedersächsisches OVG v. 25.5.2023 - 13 LC 287/22
Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG fordert eine gesetzliche Grundlage, die den Verlust der Staatsangehörigkeit ausdrücklich anordnet. An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehlt es, wenn die ausländische Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, das Familiengericht später jedoch feststellt, dass Vater des Kindes nicht der geschiedene Ehemann ist, sondern ein ausländischer Staatsangehöriger.
LG Osnabrück v. 24.5.2023 - 9 O 3254/21
Eine Frage an den Versicherungsnehmer ist zulässig, wenn die Beantwortung der Frage für die Einschätzung des Versicherers, ob eine Einstandspflicht besteht, von Relevanz sein kann. Nicht erforderlich ist, dass die Beantwortung der Fragen sich tatsächlich als wesentlich erweist. Der im Strafrecht geltende Grundsatz „nemo tenetur“, wonach sich niemand selbst zu belasten braucht, gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer nicht.
OLG Frankfurt a.M. v. 11.5.2023 - 1 U 310/20
Es ist nicht pflichtwidrig, wenn die Stadt Frankfurt a.M. ihre Dienstanweisung für die Baumkontrolle an der sog. FLL-Richtlinie orientiert und grundsätzlich auch ältere, geschädigte Bäume im öffentlichen Straßenbereich nur einmal jährlich kontrolliert. In begründeten Fällen sind allerdings kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen erforderlich. Hat die Stadt trotz sichtbarer Vitalitätsbeeinträchtigungen einer auf dem Bürgersteig stehenden Robinie keine gesonderte Untersuchung der Baumkrone vorgenommen, so haftet sie der Halterin eines durch einen herabfallenden Ast totalbeschädigten Autos auf Schadensersatz.
BGH v. 9.2.2023 - I ZR 61/22
Den Schuldner einer einstweiligen (Beschluss-)Verfügung trifft gegenüber dem Gläubiger mit Ablauf der Wartefrist von im Regelfall zwei Wochen, die der Gläubiger vor der Versendung eines Abschlussschreibens einzuhalten hat, eine Aufklärungspflicht über den Entschluss zur Erhebung eines Widerspruchs gegen die einstweilige (Beschluss-)Verfügung. Wird der pflichtwidrig unterlassene Hinweis des Schuldners adäquat kausal für die Kosten eines - objektiv nicht mehr erforderlichen - Abschlussschreibens des Gläubigers, kann das einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB auslösen.
LG Lübeck v. 15.5.2023 - 10 O 315/21
Ein Makler haftet einem Grundstückskäufer auf Schadensersatz, wenn er in einem dem Exposé beigefügten Katasterauszug die Grundstücksgrenzen durch eine rote Umrandung so bearbeitet hat, dass ein ursprünglich deutlich sichtbarer Überbau nicht mehr zu erkennen ist und deswegen unerkannt bleibt.
OLG Brandenburg v. 27.4.2023 - 10 U 100/22
Den Schlüssel von außen in der Kellertür während des Aufenthalts stecken zu lassen, ist fahrlässig i.S.v. § 276 Abs. 2 BGB. Die Unannehmlichkeit, die damit verbunden ist, den Schlüssel in den Keller mitzunehmen und ihn dann zum Absperren erneut einstecken zu müssen, ist dabei auch nicht so erheblich, dass dies die Inkaufnahme des Risikos rechtfertigt und das Steckenlassen der verkehrsüblichen Sorgfalt entsprechen würde. Die bloße Möglichkeit, dass der Dieb ein Hausbewohner sein könnte, reicht nicht aus, um die Befürchtung zu zerstreuen, dass eine hausfremde Person den Schlüssel entwendet hat.
OVG Münster v. 24.5.2023 - 4 B 1590/20
Der Widerruf der Registrierung eines Inkassounternehmens wegen dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Internetseite www.probenheld.de und der App Park & Collect war voraussichtlich rechtmäßig. Die Annahme, das Unternehmen erbringe dauerhaft unqualifizierte Rechtsdienstleistungen, war schon deshalb gerechtfertigt, weil es wiederholt und erheblich unternehmerische Sorgfaltspflichten verletzt und im erheblichen Umfang Rechtsdienstleistungen über die eingetragene Befugnis hinaus erbracht hat.
LG Gießen v. 14.4.2023 - 5 O 425/21
Es ist es gängige Praxis unter Geschäftsleuten einen umfassenden Haftungsausschluss zu vereinbaren. Die enorme Wichtigkeit einer Garantievereinbarung ist nur dann verständlich und nachvollziehbar, wenn alle Beteiligten davon ausgegangen sind, dass ansonsten eine Haftung des Verkäufers für Sachmängel gerade nicht besteht. Wenn feststeht, dass die Parteien eine solche Vereinbarung getroffen haben und diese auch die vom Käufer geltend gemachten Mängel bzw. Gewährleistungsrechte erfasst, muss der Käufer die Voraussetzungen dafür darlegen und beweisen, dass der Verkäufer sich nach § 444 nicht auf die Vereinbarung berufen kann.
BGH v. 8.3.2023 - XII ZB 283/22
Das Recht der Beschwerde nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht den Angehörigen im Interesse des Betroffenen nur dann zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind. Für die auch konkludent mögliche Hinzuziehung zu einem Betreuungsverfahren ist erforderlich, dass das Gericht dem Beteiligten eine Einflussnahme auf das laufende Verfahren ermöglichen will und dies zum Ausdruck bringt. Ein Angehöriger erlangt durch seine Hinzuziehung (erstmals) im Abhilfeverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht nachträglich eine Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angehörige, der erst im Abhilfeverfahren beteiligt wurde, mit seiner Beschwerde gegen die Betreuungsentscheidung in Gestalt der sie abändernden Abhilfeentscheidung wendet.
BGH v. 28.3.2023 - VI ZR 368/21
Der BGH hat sich vorliegend mit der Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Parteivortrag zur Würdigung von Zeugenaussagen und Verzicht auf erneute Vernehmung in der Berufungsinstanz befasst.
Aktuell in der MDR
Der Beitrag schließt an die letzte Rechtsprechungsübersicht (Schmeel, MDR 2022, 803) an und stellt die im Jahr 2022 veröffentlichten Entscheidungen im Bereich des Architekten- und Ingenieurrechts vor. Schwerpunkte sind Vertrags‑, Vergütungs- sowie Haftungsfragen.
AG Charlottenburg v. 10.5.2023 - 75 C 10/23
Soweit teilweise vertreten wird, dass das zu erreichende Quorum in dem Absenkungsbeschluss nicht anzugeben sei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn ohne Angabe, dass die Mehrheit der Stimmen ausnahmsweise genügt, verbleibt es nach der Gesetzessystematik bei dem Grundsatz des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG (Zustimmung aller Wohnungseigentümer). Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen sind mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes allein am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen.
OLG Rostock v. 3.5.2023 - 3 W 13/23
Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht, sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.
BGH v. 25.4.2023 - X ZR 25/22
Der Tatbestand des Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO ist nicht erfüllt, wenn der Fluggast auf dem vorgesehenen Flug befördert worden ist. Wenn das Luftfahrtunternehmen die Beförderung von einer zusätzlichen Zahlung abhängig macht, kann dies zwar ebenfalls zu Ärgernissen und großen Unannehmlichkeiten führen. Diese sind ihrer Art nach aber nicht mit den Ärgernissen und Unannehmlichkeiten im Falle einer Nichtbeförderung, Annullierung oder großen Verspätung vergleichbar.
BGH v. 19.4.2023 - XII ZB 234/22
Bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags, der die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt, richtet sich der Geschäftswert nach § 100 Abs. 1 GNotKG. Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft und die Vereinbarung von Gütertrennung stellen sich als derartige Änderung des Güterstands dar. Dagegen ist § 100 Abs. 2 GNotKG der Bestimmung des Geschäftswerts nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur dann zugrunde zu legen, wenn einzelne bestimmte oder zumindest bestimmbare Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand der Beurkundung sind.v
BGH v. 18.4.2023 - VI ZR 345/21
Zum Ausgleichsanspruch des Unfallgegners gegen den haltenden Nichteigentümer (Leasingnehmer) und den Fahrer nach Regulierung der Schadensersatzansprüche des Leasinggebers wegen der Verletzung seines Eigentums an dem Fahrzeug.
Auch im aktuellen Preiszyklus hat sich die international und interdisziplinär besetzte Preisjury der Centrale für Mediation (CfM) des Otto Schmidt Verlages mit hochkarätigen Bewerbungen in den Kategorien Wissenschaftspreis, Förderpreis und Sokrates-Preis befasst. Die Ehrung der drei Preisträger findet am 14. Juni 2023 (17-19 Uhr) in einem offenen Online-Event statt, eingebettet in ein hochaktuelles gesellschaftspolitisches Rahmenprogramm: „Zeitenwende(n) und Mediation – Krieg, Klima, Künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf das Instrument der Vermittlung“.
Podcast Familienrecht | Episode 12
Das familienrechtliche Gespräch: Jörn Hauß lädt ein --- In der neuen familienrechtlichen Folge von "Otto-Schmidt live - Der Podcast" sprechen Jörn Hauß und Dr. Walter Kogel über das Thema "Güterrechtliche Bewertung von Annuitätendarlehen". Hören Sie rein beim Streitgespräch unserer beiden Experten!
KG Berlin v. 5.5.2023 - 7 U 74/21
Solange sich keine Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung ergeben, reicht es bei der Geltendmachung der großen Kündigungsvergütung aus, wenn der Werkunternehmer die Ersparnis auf der Grundlage seiner ursprünglichen Kalkulation berechnet. Er kann auch auf Basis eines geplanten, aber bislang nicht genehmigten Subunternehmereinsatzes jedenfalls dann abrechnen, wenn keine Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung gegeben sind.
BGH v. 28.3.2023 - VI ZR 19/22
Durch die Nachbestellung und das Inverkehrbringen des Ersatzschlüssels wird eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug geschaffen, welche die Gefahr des Missbrauchs durch Unbefugte in sich trägt. Dass die Gefahr sich aus missbräuchlichem Verhalten Dritter speist, steht der Annahme einer Verkehrssicherungspflicht nicht entgegen.