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Die Errichtung eines privatschriftlichen Einzeltestaments (Lange, MDR 2023, 78)

Neben dem gemeinschaftlichen Testament (§§ 2265 ff. BGB) stellt das Einzeltestament das praktisch bedeutsamste Format dar, in dem letztwillige Verfügungen rechtswirksam getroffen werden können. Es handelt sich gem. § 1937 BGB um eine einseitige Verfügung von Todes wegen; materiell-rechtlich liegt eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung vor. Obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Einzeltestaments seit jeher bewusst niedrig gehalten sind, um die Testierbereitschaft zu fördern, treten immer wieder Fehler bei der Abfassung eines Testaments auf. Zwar kann der Erblasser sein Testament bis zu seinem Tod jederzeit widerrufen (§§ 2253 ff. BGB); unerkannt gebliebene Fehler lösen aber keine Initiative bei ihm aus und sind nach dem Erbfall kaum mehr korrigierbar. Umso wichtiger ist die sorgfältige Abfassung des Testaments. Der folgende Beitrag stellt die Errichtungsvoraussetzungen eines privatschriftlichen Testaments dar und weist auf Fehlerquellen hin.


I. Eine knappe Einführung

II. Die Errichtungsvoraussetzungen im Überblick

III. Die Testierfähigkeit

1. Begriff und Anforderungen

2. Nachweisfragen

IV. Der Testierwille

1. Begriff und Bedeutung

2. Abgrenzungsprobleme

V. Die Formvorschriften

1. Eigenhändige Niederschrift

a) Eigenhändigkeit

b) Bezugnahmen und Anlagen

c) Zusätze, Änderungen, Streichungen

2. Unterschrift

a) Namensunterschrift

b) Handschriftlichkeit

c) „Unter“-Schrift

3. SollerfordernisseVI. Zusammenfassung


I. Eine knappe Einführung

Das BGB trennt sprachlich nicht konsequent zwischen den Anordnungen des Erblassers, die erst mit seinem Tod Wirksamkeit erlangen sollen (Erbeinsetzung, Enterbung, Anordnung einer Testamentsvollstreckung, Vermächtniszuwendung etc.) und der Form, in der diese Willenserklärungen zwingend niedergelegt werden müssen, um wirksam zu sein (Testament oder Erbvertrag), denn beides wird als Verfügung von Todes wegen bezeichnet. Beispielsweise werden in § 1937 BGB die Begriffe Testament und letztwillige Verfügung gleichgesetzt. Demgegenüber wird an anderer Stelle der Begriff des Testaments für die äußere Einheit der Verfügungen verwandt, während die einzelnen darin enthaltenen Anordnungen als letztwillige Verfügung bezeichnet werden (vgl. § 2086 BGB).

Dem letztgenannten Begriffsverständnis folgt der Beitrag. Der Begriff der Letztwilligkeit in § 1937 BGB verdeutlicht, dass das Testament bis zum Tod des Erblassers frei widerruflich ist (§ 2253 BGB), so dass regelmäßig sein letzter formgerecht niedergelegter Wille gilt (vgl. § 2258 BGB). Die Rechtslage an den zu vererbenden Gegenständen bleibt zu Lebzeiten des Erblassers unverändert; eine testamentarische Erbeinsetzung allein begründet für den Bedachten keinerlei Rechte – auch kein Anwartschaftsrecht – in Bezug auf den Nachlass. „Begründete Erberwartungen“ gibt es somit rechtlich regelmäßig nicht.

II. Die Errichtungsvoraussetzungen im Überblick

Als letztwillige Verfügung ist die Testamentserrichtung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig: Danach muss der Erblasser zur Zeit der Errichtung testierfähig (§ 2229 BGB) gewesen sein. Er muss ernstlich von Todes wegen verfügen wollen, also Testierwillen gehabt (vgl. § 2247 Abs. 3 S. 2 BGB) und die bei der Errichtung zu beachtenden gesetzlichen Formvorschriften eingehalten haben. Auf den Ort der Errichtung kommt es grundsätzlich nicht an, weshalb etwa ein deutscher Staatsbürger während seines Urlaubs auf Mallorca ein wirksames Testament nach dem BGB errichten kann mit der Folge, dass auf seinen Tod deutsches Erbrecht anwendbar ist, sollte er nach der Rückkehr von der Insel wenige Wochen später an seinem Wohnort in Deutschland überraschend versterben (vgl. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO).

III. Die Testierfähigkeit

1. Begriff und Anforderungen


Die in § 2229 BGB geregelte Testierfähigkeit stellt eine besondere Form der Geschäftsfähigkeit dar und bezeichnet die Fähigkeit, ein Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Die allgemeinen Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) sind von erbrechtlichen Spezialregelungen überlagert worden, die dem einseitigen Rechtsgeschäft sein eigenes Gepräge geben. Aus ihrer Gesamtschau ist zu schließen, dass die Testierfähigkeit drei Elemente enthält: erstens (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.01.2023 09:50
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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