KG Berlin v. 21.4.2022 - 22 W 12/22

Die Befugnis zur Bestellung besonderer Vertreter nach § 30 BGB kann sich auch durch Auslegung der Satzung ergeben

Ein besonderer Vertreter nach § 30 BGB kann mit seinem Wirkungskreis in das Vereinsregister eingetragen werden. Dabei kann sich der Wirkungskreis auf die laufenden Geschäfte bzw. laufenden Angelegenheiten beziehen. Die Bestellung eines besonderen Vertreters muss nach der Satzung vorgesehen sein. Die Befugnis zur Bestellung kann sich dabei auch durch Auslegung der Satzung ergeben.

Der Sachverhalt:
Der Beteiligte ist seit dem Jahr 1988 im Vereinsregister eingetragen. Der Vorstand meldete zur Eintragung an, dass ein Geschäftsführer als besonderer Vertreter nach § 30 BGB mit dem Wirkungskreis „Erledigung der laufenden Geschäfte des Vereins“ bestellt worden und der als Geschäftsführer eingesetzten Frau A in dem Vorstandsbeschluss Alleinvertretungsbefugnis eingeräumt worden sei.

Die Satzung des Beteiligten enthält in § 7 folgende Regelung:

§ 7 – Die Geschäftsführung

1.  Die Geschäftsführung wird durch den Vorstand bestellt und abberufen.

2.  Die Geschäftsführung besteht aus einem oder mehreren Geschäftsführern, die dem Vorstand angehören können aber nicht müssen.

3.  Die Geschäftsführung erledigt die laufenden Geschäfte des Vereins, soweit der Vorstand diese nicht selbst erledigt. Der Vorstand ist jederzeit berechtigt, die Geschäfte an sich zu ziehen und der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen.

4.  Einer Geschäftsführung kann durch Mehrheitsbeschluss des Vorstands Alleinvertretungsbefugnis eingeräumt werden, auch bei der Bestellung mehrerer Geschäftsführer.

5. (…)

Das AG wies die Anmeldung zurück. Die Satzung lasse die Bestellung eines Vertreters nach § 30 BGB nicht zu; vorgesehen sei lediglich eine Geschäftsführung. Eine Stellung der Geschäftsführer als besondere Vertreter gemäß § 30 BGB lasse sich aus der Satzungsregelung nicht eindeutig erkennen.

Die Beschwerde vor dem KG hatte Erfolg. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das AG hat die Anmeldung zu Unrecht mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Satzung des Beteiligten sähe keine Ermächtigung zur Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 30 BGB vor.

Zu Recht ist das AG zwar davon ausgegangen, dass die Bestellung eines besonderen Vertreters i.S.d. § 30 BGB nach der Satzung vorgesehen sein muss. Dies schließt es aber nicht aus, dass sich die Befugnis zur Bestellung eines derartigen Vertreters auch durch Auslegung der Satzung ergeben kann.

Eine solche Auslegung ergibt hier, dass die Satzung des Beteiligten in § 7 die Bestellung eines solchen besonderen Vertreters vorsieht. Denn danach kann der Vorstand eine Geschäftsführung für die laufenden Geschäfte bestellen (Abs. 1, Abs. 3). Insoweit kann auch offenbleiben, ob eine Satzungsregelung nur dann wirksam und eine Bestellung möglich ist, wenn der Aufgabenkreis bestimmt und damit dem Tatbestandsmerkmal „gewisse Geschäfte“ in § 30 BGB Genüge getan ist. Denn dies ist hier in der Satzung mit dem Hinweis auf die laufenden Geschäfte geschehen.

Dass die eigentlich der Mitgliederversammlung zustehende Bestellungsbefugnis wie hier durch die Satzung auf den Vorstand übertragen werden kann, ist anerkannt. Schließlich ist auch anerkannt, dass der besondere Vertreter entsprechend § 64 BGB zum Vereinsregister angemeldet und dort eingetragen werden kann.

Da die Satzung in § 7 Abs. 4 die Möglichkeit eröffnet, einem Geschäftsführer Alleinvertretungsbefugnis einzuräumen, bestehen auch insoweit keine Bedenken gegen eine entsprechende Eintragung.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.05.2022 16:00
Quelle: Justiz Berlin online

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