VG Gießen v. 15.5.2023 - 2 L 260/23.GI

Keine Feuerwehrgebühren für spontane Hilfe bei einer Reifenpanne

Kommt die Feuerwehr zufällig einer Autofahrerin mit einer Reifenpanne zu Hilfe, die zuvor bereits den ADAC informiert hat, so darf die Kommune später für den Reifenwechsel keine Gebühren verlangen. Dies gilt insbesondere, wenn die Autofahrerin vor Ort nicht auf eine Gebührenpflicht hingewiesen worden ist.

Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist eine Kommune. Am 14.12.2022 kam es in ihrem Stadtgebiet zu einer Alarmierung der freiwilligen Feuerwehr. Grund war ein umgestürzter Baum auf der Fahrbahn. Daraufhin rückten insgesamt sechs Einsatzfahrzeuge und 17 Feuerwehrkräfte aus. Ein umgestürzter Baum konnte beim Abfahren der Strecke nicht gefunden werden. Stattdessen trafen die Feuerwehrleute aber auf die Antragstellerin, die auf der Strecke zuvor eine Reifenpanne hatte. Ihr Auto war am Straßenrand abgestellt und sie wartete dort auf den bereits verständigten ADAC. Die Feuerwehrkräfte boten der Antragstellerin ihre Hilfe beim Reifenwechsel an und wechselten den platten Reifen, bevor der ADAC eintraf.

Mit Bescheid vom 3.1.2023 machte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin hierfür Kosten i.H.v. rund 784 € geltend. Insgesamt seien zwar Kosten i.H.v. über 1.000 € entstanden. Aus Billigkeitsgesichtspunkten sei diese Summe aber um 25 % reduziert worden.

Das VG gab dem hiergegen gerichteten Eilantrag statt. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der streitgegenständliche Bescheid ist evident rechtswidrig. Er ist bereits nicht ausreichend begründet, weil weder die Antragstellerin noch das Gericht diesem entnehmen konnten, auf welche Rechtsgrundlage die Forderung gestützt worden ist. Ein pauschaler Verweis auf die gesamte Feuerwehrgebührensatzung das Antragsgegnerin reichte dafür nicht aus.

Darüber hinaus fehlte es auch an einer tauglichen Rechtsgrundlage. Insbesondere war durch das Fahrzeug der Antragstellerin keine unaufschiebbare Gefahrenlage entstanden, die ein Eingreifen der Feuerwehr erforderlich gemacht hätte. Zudem durfte die Antragstellerin zurecht von einer unentgeltlichen Hilfeleistung ausgehen, da sie die Feuerwehr weder selbst angefordert hatte, noch von der Feuerwehr vor Ort auf eine Gebührenpflicht hingewiesen worden war.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.05.2023 08:23
Quelle: VG Gießen – PM v. 16.5.2023

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