Aktuell in der MDR

Aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Familienrecht 2021 (Fischer, MDR 2022, 1457)

Martin Fischer gibt einen Überblick über die familienrechtlichen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung aus dem Jahr 2021. Einen Schwerpunkt der diesjährigen Rechtsprechungsdarstellung bilden einige Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie stehen und neuerlich das Versorgungsausgleichsrecht. Besonders erwähnenswert ist zudem die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur Unterhaltsberechnung, wenn Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt zusammentreffen (zuletzt BGH v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20, MDR 2022, 171).


I. Reformvorhaben

II. Gesetzliche Änderungen

1. Kündigung des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sog. Istanbul-Konvention)

2. Anordnung des Verbleibs eines Kindes in seiner Pflegefamilie als dauerhafte Maßnahme

3. Modifizierung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen

4. Behandlung des Kinderzuschlags i.R.d. Unterhaltspflichten

5. Stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder

III. Rechtsprechung

1. Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung

2. Sorgerecht

a) Verfahrensfähigkeit in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung

b) Gerichtliche Zuständigkeit für Maßnahmen ggü. schulischen Behörden mit dem Ziel der Unterlassung schulinterner Infektionsschutzmaßnahmen

c) Prüfung der Impffähigkeit eines Kindes und anderes im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie im Verfahren nach § 1628 BGB

3. Umgang

a) Umgangsregelungsvollstreckung gegen einen mitwirkungsbereiten Dritten

b) Umgangsrecht des leiblichen Vaters nach Adoption des Kindes

c) Corona-Testpflicht bzw. Impfung vor Umgangskontakt

4. Abstammung

5. Adoption

6. Versorgungsausgleich

a) Hinreichende Bestimmtheit bei externer Teilung fondsgebundener Anrechte

b) Teilungskostenpauschalierung im Rahmen einer Mischkalkulation

c) Einbeziehung einer auf den ausgeschiedenen Arbeitnehmer übertragenen Direktversicherung

d) Abfindung ausländischer Versorgungsanrechte und Ausgleichsperre

e) Beteiligung des Insolvenzverwalters im Versorgungsausgleichsverfahren

f) Interne Anrechtsteilung aus Pflichtversicherung in Tarif der freiwilligen Versicherung

g) Voraussetzung für ein Abänderungsverfahren

h) Abänderung des Versorgungsausgleichs nach bereits erfolgter Totalrevision

i) Interne Teilung bei Startgutschrift für rentenferne Versicherte

7. Ehegattenunterhalt

8. Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt

9. Zugewinnausgleich

10. Gewaltschutz


I. Reformvorhaben

Die Bundesregierung hat am 20.1.2021 den Entwurf eines Gesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz beschlossen. Damit setzt sie eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um.

Nach dem Entwurf soll in Art. 6 Abs. 2 GG folgende Formulierung aufgenommen werden: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

II. Gesetzliche Änderungen

1. Kündigung des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sog. Istanbul-Konvention)

Gemäß Bekanntmachung vom 13.4.2021 hat die Türkei das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sog. Istanbul-Konvention) gekündigt. Die Kündigung wird ab 1.7.2021 wirksam.

2. Anordnung des Verbleibs eines Kindes in seiner Pflegefamilie als dauerhafte Maßnahme

Seit dem 10.6.2021 können Familiengerichte nach dem durch Art. 6 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen vom 3.6.2021 neu angefügten § 1632 Abs. 4 Satz 2 BGB den Verbleib eines Kindes in seiner Pflegefamilie als dauerhafte Maßnahme anordnen, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.

3. Modifizierung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen

Ebenfalls mit Wirkung vom 10.6.2021 wird § 17 Nr. 5 EGGVG durch Art. 9 Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen vom 3.6.2021 dahingehend modifiziert, dass der bis dahin maßgebliche Wortlaut „zur Abwehr einer erheblichen Gefährdung Minderjähriger“ durch die Formulierung „zur Prüfung gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen“ ersetzt wird und die Vorschrift damit bereits bei „einfachen“ Kindeswohlgefährdungen eingreift. Die Neuregelung korrespondiert unmittelbar mit der speziell auf Strafsachen bezogenen, durch Art. 2 Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen vom 3.6.2021 6 eingeführten und ebenfalls seit dem 10.6.2021 geltenden Vorschrift des (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.12.2022 14:47
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite