Aktuell im MDR

Die Entwicklungen des Pauschalreiserechts im Jahr 2021 (Achilles-Pujol, MDR 2022, 1377)

Der folgende Beitrag führt die jährlichen Übersichten zum Pauschalreiserecht von Prof. Dr. Ernst Führich fort und knüpft an dessen Beitrag in MDR 2021, 777 an. Dargestellt werden die wesentlichen Entwicklungen des Pauschalreiserechts im Jahr 2021. Aufgrund der sehr dynamischen Entwicklung der Rechtsprechung finden auch einzelne bereits ergangene Folgeentscheidungen aus 2022 kurze Erwähnung.


I. Einleitung

II. Bestandteile der Pauschalreise: Rail & Fly

III. Rücktritt vom Pauschalreisevertrag

1. COVID-19-Pandemie als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand

a) Situation im Reisezeitraum Frühjahr/Sommer 2020

b) Reisewarnung des Auswärtigen Amtes/Weltgesundheitsorganisation als gewichtiges Indiz

c) Risikoerhöhende Eigenschaften in der Person des Reisenden

2. Ex ante Prognose zum Zeitpunkt des Rücktritts

3. Berücksichtigung von Entwicklungen nach erklärtem Rücktritt

4. Rückerstattung und Gutschein

IV. Mängelgewährleistung und allgemeines Lebensrisiko

1. Pandemiebedingte Einschränkungen als Reisemangel?

a) Anordnung einer Quarantäne, Einschränkung der Restaurantleistungen und Poolnutzung

b) Ansteckung mit Corona-Virus durch positiv getesteten Club-Mitarbeiter

c) Vertragswidrigkeit als entscheidendes Kriterium

2. Pandemiebedingte Änderung des Reiseverlaufs

V. Systemwechsel bei der Insolvenzsicherung

VI. Ausblick


I. Einleitung

Auch im Berichtszeitraum 2021 war die pauschalreiserechtliche Rechtsprechung maßgeblich geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Während zu Beginn der Pandemie in den Zeiten des Lockdowns und der weltweiten Reisewarnungen vor allem der Rücktritt von der Pauschalreise im Fokus stand, stellten sich mit der Rückkehr der Reisetätigkeit mehr und mehr auch Fragen zu pandemiebedingten Einschränkungen der Reiseleistungen.

II. Bestandteile der Pauschalreise: Rail & Fly

Einen Sachverhalt vor der Pandemie betraf das im Folgenden besprochene Urteil des BGH. Wird dem Reisekunden im Zusammenhang mit einer Pauschalreise auch der Bahntransfer zum Abflughafen angeboten (Rail & Fly/Zug zum Flug), stellt sich die Frage, ob der Veranstalter für Mängel im Zusammenhang mit dem Bahntransfer haftet. Das hängt davon ab, ob dieser Bestandteil der Pauschalreise und somit eine Eigenleistung des Veranstalters ist, oder ob der Veranstalter diese Leistung nur vermittelt.

Unter Verweis auf seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2010 sah der BGH in einer Entscheidung v. 29.6.2021 das Gesamtverhalten des Veranstalters aus Sicht des Reisenden und insbesondere die Angaben in Prospekt und Buchungsbestätigung als maßgeblich für die Beurteilung an. Für eine Eigenleistung des Veranstalters sprach hier aus Sicht des Senats, dass der Bahn-Transfer im Prospekt für den Kunden als „Ihr Vorteil“ herausgestellt und nicht gesondert in Rechnung gestellt wurde. Zudem war auf dem Bahnticket neben dem Logo der Bahn auch das des Veranstalters zu sehen. Dass die Wahl der Bahnverbindung dem Kunden überlassen wurde, sprach nicht gegen die Annahme einer Eigenleistung. Die Verzögerungen beim Bahntransfer stellten nach Auffassung des BGH einen Reisemangel dar und berechtigten den Kunden zur Kündigung des Reisevertrages und Rückerstattung des Reisepreises sowie Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, wobei insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Wenngleich die Entscheidung noch zu §§ 651a ff. BGB a.F. erging, lässt sich die Argumentation zur Einordnung als Eigenleistung auf die aktuelle Rechtslage übertragen.

III. Rücktritt vom Pauschalreisevertrag

Zum Rücktritt vom Pauschalreisevertrag gem. § 651h BGB aufgrund der COVID-19-Pandemie erging auch im Jahr 2021 eine Vielzahl von erst- und zweitinstanzlichen Urteilen. Anlass zu Rechtsstreitigkeiten gab beim Rücktritt des Kunden meist die Frage, ob der Veranstalter bei der Rückzahlung des Reisepreises die sog. Stornoentschädigung (§ 651h Abs. 1 Satz 3 BGB) in Abzug bringen konnte, oder ob aufgrund von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen die Pflicht des Reisenden entfallen war, diese zu zahlen.

Überwiegend ging es in den Entscheidungen aus 2021 noch (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.11.2022 10:14
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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