AG Wiesbaden v. 26.7.2022 - 91 C 3017/21

Wann führt eine wegen Corona erforderliche Absage einer Hochzeitsfeier zu einer Unmöglichkeit?

Die wegen der gesetzlichen Beschränkungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie erforderliche Absage eine Hochzeitsfeier mit vereinbarter Bewirtung führt nur dann zu einer Unmöglichkeit der Leistung gem. § 275 BGB, wenn die Hochzeitsfeier nicht nachgeholt werden kann. Bei Nachholbarkeit hat grundsätzlich gem. § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung, insbesondere durch Verlegung des Termins, stattzufinden.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Betreiberin einer Hochzeits- und Event Location in Wiesbaden. Die Kläger verlangten die Rückzahlung einer geleisteten Anzahlung für eine geplante Hochzeitsfeier. Die Parteien hatten ein Sommer-Hochzeitsarrangement mit über 100 Gästen für den 4.7.2020 vereinbart. Die Kläger leisteten eine Anzahlung i.H.v. 933 €. Aufgrund der durch die Corona-Pandemie veranlassten Infektionsschutzverordnungen des Landes Hessen wurde zwischen den Parteien vereinbart, den Termin für die Hochzeitsfeier zu verschieben. Man einigte sich auf den 14.5.2021, einem Freitag.

Aufgrund der am 23.4.2021 gesetzlich beschlossenen Regelung des § 28b Abs. 1 S.1 Nr. 7 IfSG a.F. (sog. Bundesnotbremse), an dem für die Hochzeit geplanten Termin anwendbar war, war die Öffnung von Gaststätten und anderen Betrieben, in denen Speisen zum Verkehr vor Ort angeboten wurden, verboten. Die geplante Hochzeitsfeier konnte deshalb auch am 14.5.2021 nicht stattfinden.

Infolgedessen forderten die Kläger die Beklagte am 13.3.2021 auf, die geleistete Anzahlung zurückzuzahlen. Dies lehnte die Beklagte abgelehnt und wies darauf hin, dass eine einseitige Kündigung die Kläger schadensersatzpflichtig mache. Aufgrund dessen verhandelten die Parteien über einen neuen Termin im Jahr 2022. Mit Schreiben des Klägervertreters vom 27.5.2021 teilte der Anwalt der Kläger unter Berufung auf eine Unmöglichkeit der Durchführung der Hochzeitsfeier am 14.5.2021 mit, dass eine nochmalige Verschiebung für die Kläger nicht infrage komme.

Die Kläger behaupteten, ihnen sei die Durchführung der Hochzeitsfeier an einem Samstag sehr wichtig gewesen, da viele in Italien lebende Verwandte zur Hochzeit hätten eingeladen werden sollen, was an einem Wochenende einfacher sei. Auf den geänderten Termin am 14.5.2021, einem Freitag, hätten sie sich deshalb schon nur ungern und auf Druck der Beklagten eingelassen. Zu Verhandlungen über einen erneuten Termin im Jahr 2022 hätten sie sich ebenfalls nur aufgrund der Drohung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch von 60 % der Vergütung eingelassen. Da dieser Termin wiederum an einem Freitag gelegen habe und zudem im April, in der Nebensaison, sei dies eine massive Einschränkung der Wünsche der Kläger gewesen. Sie forderten die geleistete Anzahlung von der Beklagten zurück, was diese erneut ablehnte.

Das AG hat die Zahlungsklage abgewiesen.

Die Gründe:
Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung gem. §§ 326 Abs. 4, 346, 348 BGB zu. Entgegen der Ansicht der Kläger ist der Beklagten die Leistung, nämlich die Durchführung der Hochzeitfeier in Ihren Räumlichkeiten nicht unmöglich geworden im Sinne des § 275 BGB.

Zwar ist davon auszugehen, dass die Parteien aufgrund der am 4.7.2020 gültigen Corona-Schutzverordnung die Hochzeitsfeier nicht wie geplant durchführen konnten. So war die Teilnehmerzahl u.a. auf 100 Personen begrenzt, während der Vertrag vom 25.10.2019 potentiell eine Veranstaltung mit über 100 Personen vorgesehen hätte. Dass möglicherweise die Kläger letztlich mit einer geringeren Anzahl von Personen gefeiert hätten, steht dem nicht entgegen, da sie üblicherweise die genaue Anzahl der zu erwartenden Personen angesichts des Vorlaufs noch gar nicht abschätzen konnten. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, für eine große Anzahl von Personen die geltenden Mindestabstände von 1,5 m sowie Hygienemaßnahmen einzuhalten. Davon abgesehen wäre ein Tanzen der Gäste, wie dies bei Hochzeitsfeiern üblich ist, untersagt gewesen.

Da die Beklagte nicht nur verpflichtet war, die für die Feier notwendigen Räume zur Verfügung zu stellen, sondern sich auch zur Bewirtung der Gäste verpflichtet hatte, war es ihr somit unmöglich, zu dem geplanten Zeitpunkt ihre Leistungen zu erbringen. Doch führte dies nicht zu einer endgültigen Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn es sich bei der Ausrichtung der Hochzeitsfeier um ein absolutes Fixgeschäft gehandelt hätte.

Zwar kann eine Hochzeitsfeier ein absolutes Fixgeschäft darstellen, nämlich wenn eine spätere Ausrichtung für die Brautleute keinen Sinn mehr macht, z. B. weil der Termin mit konkreten anderen Ereignissen verknüpft ist. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Hochzeit nach der Vorstellung der Brautleute in engem zeitlichen Zusammenhang mit der standesamtlichen Trauung gefeiert werden sollte und letztere bereits stattgefunden hätte. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Denn die Kläger sind nach wie vor nicht verheiratet und haben nach wie vor die Absicht, im Rahmen einer Hochzeitsfeier sich gleichzeitig standesamtlich trauen zu lassen. Unter diesen Umständen ist von einer Nachholbarkeit der Leistung auszugehen und damit nicht von einer Unmöglichkeit.

Bei Nachholbarkeit hat grundsätzlich gem. § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung, insbesondere durch Verlegung des Termins, stattzufinden. Falls eine Verlegung trotz Zumutbarkeit von dem Brautpaar abgelehnt wird, besteht kein Anspruch auf Rückzahlung einer Anzahlung i.H.v. 10 % der erwarteten Vergütung, die deutlich unter den zu erwartenden ersparten Aufwendungen im Sinne des § 648 BGB liegt.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.08.2022 10:10
Quelle: LaReDa Hessen

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