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Zinsanpassungsklauseln bei Sparverträgen (Schörnig, MDR 2022, 793)

Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen haben die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH bereits in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen betroffen. Die hierdurch entstandene Lücke im Vertrag ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus einer objektiv-generalistischen Sicht zu schließen. Gerade im Hinblick auf den maßgeblichen Referenzzinssatz und die Frage der Anpassungsschwelle in sachlicher sowie das Anpassungsintervall in zeitlicher Hinsicht bestehen aber noch eine Vielzahl von Einzelfragen, die insbesondere Verbraucheranwälte und Verbraucherschützer im Rahmen der Zinsberechnung beschäftigen. Das OLG Dresden hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 13.4.2022 einige dieser Fragen beantwortet.


I. Einführung

II. Musterfeststellungsklage vor dem BGH

III. Schließung der Vertragslücke durch Auslegung

1. Maßstab für die ergänzende Vertragsauslegung

2. Parameter der Zinsanpassung in sachlicher Hinsicht

a) Vertragszins

b) Anpassungsschwelle

3. Parameter der Zinsanpassung in zeitlicher Hinsicht

4. Sonstige Fragestellungen

IV. Fazit


I. Einführung

Zinsanpassungsklauseln bei Sparverträgen beschäftigten in den letzten Jahren, bedingt auch durch die (langsam endende) Niedrigzinsphase, nicht nur Banken und deren Kunden in der Praxis, sondern insbesondere die Rechtsprechung und die rechtswissenschaftliche Literatur. Gegenstand der Diskussion waren einerseits die Frage, ob Banken derartige (Prämien)Sparverträge, die eine Vereinbarung einer Staffel mit kontinuierlich steigenden Sparprämien vor Erreichen der höchsten Prämienstufe ordentlich oder außerordentlich kündigen können, andererseits, ob die oft sehr allgemein gehaltenen und auf Aushänge der Banken bezogenen variablen Zinsänderungsklauseln wirksam sind.

Mit seinem Urteil v. 13.4.2022 hat sich nun das OLG Dresden sehr detailliert mit der Frage befasst, wie die im Falle einer Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel sich gem. § 306 BGB ergebende Lücke unter Aufrechterhaltung der Variabilität des Zinssatzes im Einzelfall geschlossen werden kann.

II. Musterfeststellungsklage vor dem BGH

Ausgangspunkt der Entscheidung des BGH v. 6.10.2021 – waren die sog. „S-Prämiensparen flexibel“-Sparverträge einer Sparkasse. Die Vertragsformulare enthielten – nach den Feststellungen des BGH jedenfalls bis September 2006 – keine konkrete Bestimmung zur Änderung des variablen Zinssatzes. Vielmehr enthielten diese folgende Regelung: „Die Spareinlagen werden variabel, z.Zt. mit ... % p.a. verzinst.“ Des Weiteren wurde auf die Bedingungen für den Sparverkehr und auf entsprechende Sonderbedingungen verwiesen, wonach dem Kunden der jeweils durch Aushang im Kassenraum bekanntgegebene Zinssatz vergütet wird und Zinsen zum Schluss eines Geschäftsjahres gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst werden. Zudem wurde die Verfügungsmöglichkeit über die Zinsen und S-Prämien innerhalb von zwei Monaten nach Kapitalisierung ausgeschlossen.

Zwar unterliegt die der Musterfeststellungsklage zugrunde liegende Klausel „Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ... % verzinst.“ als Preisregelung selbst keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, doch darf diese Klausel (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.07.2022 10:38
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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