Aktuell in der MDR

Das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Rechtsdienstleistungsangebote und die Anwaltschaft (Kilian, MDR 2021, 1297)

Das sog. Legal Tech-Gesetz hat zum 1.10.2021 Vorschriften des RVG und des RDG geändert. Für Rechtsanwälte bringt es liberalere Gestaltungsmöglichkeiten, für Inkassodienstleister neue Anforderungen für Vergütungsvereinbarungen mit Auftraggebern. Für Anbieter und Nachfrager auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt steckt es den durch das Rechtsdienstleistungsgesetz definierten Wettbewerbsrahmen zwischen Rechtsanwälten als den gesetzlich berufenen Vertretern der Rechtssuchenden in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) und Inkassodienstleistern (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) neu ab. Matthias Killian informiert über die Neuerungen.


I. Einführung

II. Rechtsdienstleistungsrecht

1. Ausgangslage

2. Schärfung der Befugnisse von Inkassodienstleistern

3. Zusätzliche Pflichten für Inkassodienstleister

III. Vergütungsrecht

1. Erfolgshonorare und Streitanteilsvereinbarungen

a) Ausgangslage

b) Fallgruppen des § 4a Abs. 1 S. 1 RVG n.F.

c) Erfordernis eines Erfolgszuschlags im außergerichtlichen Tätigkeitsfeld (§ 4a Abs. 2 RVG)

2. Gebührenunterschreitung (§ 49b Abs. 1 BRAO, § 4 RVG)

3. Kostenfinanzierung (§ 49b Abs. 2 S. 2 BRAO)

IV. Fazit


I. Einführung

Es wird verbreitet als „Legal Tech-Gesetz“ bezeichnet, obwohl es diesen Begriff kein einziges Mal verwendet – das am 1.10.2021 in Kraft getretene „Gesetz zur Förderung verbrauchergerechte Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt“. Seinen inoffiziellen Titel „Legal Tech Gesetz“ trägt das Gesetz, weil die Aktivitäten der Legal Tech-Branche auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt Auslöser der Reformen waren: Seit gut 10 Jahren sind in Deutschland internet-basierte Rechtsdienstleister auf der Basis von „Inkassolizenzen“ – einer Erlaubnis der Justizverwaltung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG, Inkassodienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 2 RDG zu erbringen – auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt aktiv. Mit traditionellen Inkassodienstleistern, die sich auf das Forderungsmanagement für Unternehmen konzentrieren, haben sie wenig gemein: Ihre Angebote richten sich an Verbraucher mit einem sehr spezifischen Rechtsproblem aus einem bestimmten Rechtsgebiet – besonders bekannt sind Angebote zur Durchsetzung von Ansprüchen aus Fluggastrechten nach EU-VO 261/04, der sog. Mietpreisbremse und zu Abfindungsansprüchen aus einem gekündigten Arbeitsverhältnis. Häufig sind solche Angebote Reaktion auf aktuelle Entwicklungen, so gibt es mittlerweile zahlreiche Anbieter, die den sog. „Dieselskandal“ als Geschäftsfeld erschlossen haben. Gegenwärtig schießen Plattformen aus dem Boden, mit deren Hilfe Verbraucher gegenüber Banken zu Unrecht vereinnahmte Bankentgelte zurückfordern können. Für die Aktivitäten solcher Anbieter soll das neue Gesetz einen sichereren Rechtsrahmen bieten und zugleich diesen neuen Teilmarkt für Rechtsanwälte zugänglicher machen.

II. Rechtsdienstleistungsrecht

1. Ausgangslage


Mit dem Vordringen von Rechtsdienstleistungsangeboten der Inkassodienstleister aus Nischen wie dem Fluggastrecht hinein z.B. in das Mietrecht als anwaltlichem Kerngeschäft wurde die Frage lauter, ob diese „modernen“ Internet-Inkassodienstleister tatsächlich noch Inkassodienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG erbringen, also ihre Aktivitäten von ihrer Registrierung als Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 RDG gedeckt sind. Der BGH hat – durch den Mietrechtssenat – diese Frage für ein bekanntes mietrechtliches Angebot des Anbieters Lexfox (heute Conny) in seiner Entscheidung v. 27.11.2019 grundsätzlich bejaht. 3 Die rund 100-seitige Entscheidung lässt sich mit der Kernaussage zusammenfassen, dass das RDG (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.11.2021 13:00
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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