BGH v. 24.8.2021 - X ZR 23/20

Zusätzliches Entgelt für Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels bei Flugbuchung im Internet

Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit einer bestimmten, von ihm in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut herausgegebenen Kreditkarte erhältlich ist, und bei Auswahl eines anderen Zahlungsmittels eine zusätzliche "Servicegebühr" anfällt. Dies gilt auch dann, wenn die "Servicegebühr" als Kalkulationsposten des zuerst angezeigten Preises ausgewiesen ist, dort aber durch einen "Rabatt" in gleicher Höhe kompensiert wird.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Beklagte betreibt ein Flugvermittlungsportal im Internet. In ihren Angeboten berechnet die Beklagte ihren Kunden eine als "ServiceFee" bezeichnete Gebühr pro Flugstrecke. Bei Zahlung mit einer von ihr in Zusammenarbeit mit einer Direktbank kostenlos vertriebenen MasterCard Gold (nachfolgend: Kreditkarte der Beklagten) gewährt sie einen Rabatt in der entsprechenden Höhe. Diese Kreditkarte ist als voreingestelltes Zahlungsmittel hinterlegt. Mit dieser Voreinstellung werden die Flugpreise unter Berücksichtigung des Rabatts angezeigt. Nach Auswahl eines anderen Zahlungsmittels wird ein entsprechend höherer Preis ausgewiesen.

Bei Flugtarifen wird angezeigt, ob der Preis die Berechtigung zur Aufgabe von Gepäck beinhaltet. Abhängig vom jeweiligen Flugangebot wird die Möglichkeit geboten, vor dem Abschluss der Flugbuchung die Berechtigung zur Aufgabe von Gepäck zu erwerben. In diesem Fall werden die dafür zusätzlich anfallenden Kosten in einem der Auswahl einer bestimmten Flugverbindung nachgelagerten Buchungsschritt angezeigt. Bei Angeboten ohne diese Möglichkeit erfolgt vor der Buchung des Flugs kein Hinweis auf die Kosten, die von der Fluggesellschaft für die Beförderung von Gepäck erhoben werden.

Das LG gab der Klage teilweise statt und verbot der Beklagten sinngemäß, bei der Buchung von Flügen vor Abschluss des Vertrags keine Informationen über die zusätzlichen Kosten für die Mitnahme von Gepäck zu erteilen; hinsichtlich der Servicegebühr wies es die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG dem Klagebegehren auch hinsichtlich der Servicegebühr statt. Auf die Anschlussberufung der Beklagten änderte das OLG lediglich den Wortlaut der erstinstanzlichen Verurteilung in einem Detail. Im Ergebnis hat das OLG die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen

1. im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern bei der Buchung von Flügen im Internet als kostenlose Bezahlmethode ausschließlich die Zahlungsweise "T. Mastercard Gold" anzubieten und für weitere Zahlungsmethoden ein zusätzliches Entgelt zu erheben,
2. im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern bei der Buchung von Flügen im Internet vor Abschluss des Vertrages keine Informationen darüber zu erteilen bzw. diese vorzuenthalten, was ein Flug inklusive Gepäckbeförderung kostet bzw. welche Kosten für das Gepäck entstehen, sofern die jeweilige Fluggesellschaft eine Mitnahme von Gepäckstücken (über das Handgepäck hinaus) zu dem gebuchten Flug nicht ausgeschlossen hat.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gestaltung des Internetauftritts der Beklagten gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstößt.

Aus der maßgeblichen Sicht des Kunden erhebt die Beklagte für die Nutzung aller Zahlungsmittel mit Ausnahme ihrer Kreditkarte ein zusätzliches Entgelt. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass sich der Preis erhöht, der bei den von der Beklagten vorgegebenen Einstellungen zunächst angezeigt wird, sobald der Kunde ein anderes Zahlungsmittel als die voreingestellte Kreditkarte der Beklagten wählt. Dem Kunden wird dadurch der Eindruck vermittelt, dass die Nutzung eines individuellen Zahlungsmittels zu einem höheren Entgelt führt. Dieser Eindruck wird nicht dadurch ausgeräumt, dass die Servicegebühr auch bei der Voreinstellung aufgeführt wird und der niedrigere Preis darauf beruht, dass die Beklagte in dieser Konstellation einen Rabatt in entsprechender Höhe ausweist.

Aus Sicht des Kunden ist in erster Linie der ausgewiesene Gesamtpreis von Bedeutung. Den ausgewiesenen Kalkulationsposten kommt demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung bei. Durch die im Ergebnis kostenneutrale Gegenüberstellung einer kalkulatorischen Servicegebühr und eines kalkulatorischen Rabatts in gleicher Höhe wird darüber hinaus der Eindruck vermittelt, dass das höhere Entgelt nicht die Folge von - nicht näher spezifizierten - Serviceleistungen ist, sondern allein auf der Auswahl eines anderen Zahlungsmittels beruht. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kunde die Voreinstellung bezüglich des Zahlungsmittels ändern kann und dann als erstes den höheren Preis angezeigt erhält.

Die Beklagte ermöglicht dem Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit. Nach der Rechtsprechung des BGH, an die der Gesetzgeber mit der Regelung in § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB angeknüpft hat, muss ein Unternehmer bei Vertragsschlüssen im Internet eine gängige bargeldlose Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung stellen, die dem Kunden mit zumutbarem Aufwand zugänglich ist, ohne dass hierfür an den Zahlungsempfänger eine zusätzliche Gebühr zu entrichten ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn als einzige Zahlungsmöglichkeit eine Kreditkarte angeboten wird, über die ein großer Teil der Kunden nicht verfügt. Im Streitfall hat das OLG insoweit unangegriffen festgestellt, dass die Kreditkarte der Beklagten nicht bei einem größeren Kundenkreis Verbreitung gefunden hat. Die Beschränkung der kostenlosen Zahlungsmöglichkeiten auf diese Karte verstößt damit gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB.

Ebenfalls zu Recht ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte gem. Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 (nachfolgend: LuftverkehrsdiensteVO) bei der Buchung ggf. anfallende Zusatzentgelte für Gepäckbeförderung ausweisen muss. Ein Entgelt für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck gehört zwar nicht zu den unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteilen des Preises i.S.v. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 LuftverkehrsdiensteVO. Einzuhalten sind aber die Vorgaben für fakultative Zusatzkosten in Art. 23 Abs. 1 Satz 4 LuftverkehrsdiensteVO. Zusätzliche Entgelte für die Beförderung von Gepäck sind i.Ü. gem. Art. 23 Abs. 1 Satz 4 LuftverkehrsdiensteVO zu Beginn der Buchung auch für den Fall anzugeben, dass die betreffende Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgewählt werden kann, etwa am Flughafen.

Aus der ebenfalls in Art. 23 Abs. 1 Satz 4 LuftverkehrsdiensteVO normierten Vorgabe, dass die Annahme fakultativer Zusatzkosten auf Opt-in-Basis erfolgt, ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Dieser Regelung ist lediglich zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme zusätzlich zu vergütender Zusatzleistungen beim Buchungsvorgang nicht als Standardeinstellung vorgegeben sein darf, sondern davon abhängig gemacht werden muss, dass der Kunde sie aktiv auswählt. Dieser Vorgabe kann auch dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Opt-in erst in einem nachgelagerten, separaten Buchungsvorgang möglich ist. Auch in der zuletzt genannten Konstellation muss dem Kunden zum Zwecke der Vergleichbarkeit der Preise schon bei der ersten Buchung mitgeteilt werden, welche zusätzlichen Entgelte ggf. anfallen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.09.2021 11:02
Quelle: BGH online

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